Du bist schwul, bisexuell und hast Sex mit Männern? Du fragst dich, ob du Blut spenden darfst? Wir zeigen dir, wie die aktuelle Rechtslage in Deutschland ist.
Die Bundesärztekammer verantwortet die Empfehlung, wer in Deutschland Blut spenden darf. Gemeinsam mit dem bundeseigenen Paul-Ehrlich-Institut legt sie dies in der Hämotherapierichtlinie fest. Lange Zeit wurden schwule und bisexuelle Männer beim Blutspenden diskriminiert. In den letzten Jahren gab es zunehmenden politischen Druck dies zu ändern. Deshalb gab es zahlreiche Verbesserungen seit 2017. Aber noch immer werden Schwule und Bisexuelle beim Blutspenden benachteiligt.
Der Hintergrund:
Seit vielen Jahren gibt es beim Blutspenden besondere Regelungen für Männer, die Sex mit Männern haben (MSM). Der Grund: MSM sind überdurchschnittlich oft von sexuell übertragbaren Krankheiten betroffen. Durch die Regelungen wollte man verhindern, dass möglicherweise infizierte Blutkonserven in Umlauf geraten. Der Haken an der Sache: Das diskriminiert schwule und bisexuelle Männer einseitig und pauschal. So verfestigen sich bestehende Stereotype. Nicht erst seit der Aidskrise in den 1980er-Jahren mussten schwule Männer mit Stigmatisierung und Ausgrenzung kämpfen. Der damalige Bundestagsabgeordnete Horst Seehofer forderte auf dem Höhepunkt der Aidskrise gar, infizierte schwule Männer in Heimen zu konzentrieren. Dies zog eine Welle der Empörung nach sich. Das Stigma, das Schwule gefährlich seien und ihre Gesundheit besonders kontrolliert werden müsse, hält bis heute. So durften MSM bis 2017 pauschal gar nicht Blut spenden. Eine ziemlich merkwürdige Regelung, wenn man an Ungeoutete denkt oder an Männer, die in langjährigen Partnerschaften sind!
Es besteht seitens der Medizinier die Befürchtung, dass MSM insbesondere Geschlechtskrankheiten wie HIV und Hepatitis bei der Blutspende übertragen könnten. Diese können zwar labordiagnostisch erkannt werden. Um eine Infektiosität sicher ausschließen zu können, benötigt es jedoch einige Monate Zeit. Ein kompletter Ausschluss von MSM von der Blutspende ist deshalb ziemlich abstrus. Er widerspricht jeder medizinischen Grundlage. In den letzten Jahren gab es starken politischen Druck, die Benachteiligung von MSM beim Blutspenden zu beenden.
Die Veränderungen der letzten Jahre
Seit 2017 bestand eine Karenzzeit von 12 Monaten. Das bedeutete MSM durften nur Blut spenden, wenn sie zuvor mindestens 12 Monate lang keinen Sex gehabt hatten. Eine Zahl, die absolut lebensfern erscheint. Dagegen formte sich Widerstand. Deshalb überarbeitete die Bundesärztekammer diese Richtlinie im Jahr 2021 erneut. Von nun an dürfen schwule und bisexuelle Männer Blut spenden, wenn sie in einer monogamen festen Partnerschaft leben. Falls sie dies nicht tun, muss der letzte Sexualkontakt mindestens 4 Monate her sein. Ein Fragebogen fragt das Sexualverhalten vor der Blutspende ab. Diese Richtlinie diskriminiert also weiter MSM, die nicht in einer monogamen Beziehung leben gegenüber Heterosexuellen. Zudem spielt es keine Rolle, ob MSM bei ihren Sexualkontakten verhüten. Dabei ist bekannt, dass Kondome das Risiko auf HIV dramatisch senken.
Dazu kommt: Die Wahrscheinlichkeit HIV zu übertragen ist bei Oralverkehr und anderen Sexualpraktiken extrem gering. Analverkehr ist hier wesentlich gefährlicher. Viele MSM verzichten aber bewusst auf Analverkehr. Auch diese Gruppe wird unnötigerweise vom Blutspenden ausgeschlossen.
Dürfen Schwule Blut spenden? Die absolute Diskriminierung hat ein Ende
Es bleibt festzuhalten, dass sich vieles in den vergangenen Monaten in die richtige Richtung entwickelt hat. Die absolute Diskriminierung von MSM wurde beendet.
Andere Länder zeigen zudem, wie die Diskriminierung weiter abgebaut werden kann. In vielen europäischen Ländern wird allein geschaut, wie das tatsächliche Risikoverhalten einer Person war. So zum Beispiel in Spanien und Ungarn. Besonders fortschrittlich sind auch viele südamerikanische Länder. Der Europäische Gerichtshof hat bereits 2015 entschieden, dass der Ausschluss bestimmter Gruppen vom Blutspenden verhältnismäßig sein muss. Die Ampel-Regierung plant deshalb, endlich auch in Deutschland eine diskriminierungsfreie Regelung zu finden. Sie möchte Druck auf die Bundesärztekammer ausüben, ihre Richtlinie zu ändern. Dann würde das individuelle Risikoverhalten zum Hauptkriterium. MSM, die Blut spenden möchten, können also optimistisch in die Zukunft blicken!
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